Der Weg zum Marathon
Aktuelles
Gästebuch
42,2 Km und mehr
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
2000
1999
Erfahrungen
Entwicklungen
Der Autor

Weiltalweg-Marathon 2003

 

27.4.2003 Weiltalweg-Marathon 42,2 Km

von Arnoldshain nach Weilburg

Seit rund einem halben Jahr bin ich nun “Marathoni”. Die Lust, diese Strapaze zu wiederholen kam schon bald nach meiner Marathonpremiere im letzten Herbst. Allerdings wollte ich keinen der “Frühjahrsklassiker” wie Hamburg, Mainz, o.ä. laufen. Daher hat mich die Ausschreibung auf den Weiltalweg-Marathon neugierig gemacht. Da es eine Premiere war, gab es auch keinerlei Erfahrungen zu Strecke und Organisation. Außerdem sollte es wellig auf Feld- und Waldwegen daher gehen. Mich sprach das sehr an. Hier ging es nicht um die Zeit, denn unter 4:00 Stunden waren bei diesen Bedingungen von vorne herein ausgeschlossen. Die Vorbereitung lief hervorragend (siehe hier). Mein Vater und mein Bruder hatten sich bereit erklärt, mich unterwegs mit Getränken u.ä. zu versorgen. Sie fuhren mit dem PKW zu den diversen Verpflegungspunkten.Streckenbesichtigung

Davor

Rund eine Woche vor dem Start entdeckte ich auf der HP vom Veranstalter einen Link zu einer privaten HP, auf der die Strecke exakt beschrieben wurde. Ich bekam einen kleinen Schreck, denn dort stand, daß es insgesamt 428 Höhenmeter hinauf (!) und 689 HM wieder hinab ging. Auf soviele Anstiege war ich nicht vorbereitet. Ich schraubte meine Erwartungen bezogen auf die Endezeit auf etwa 4:15 bis 4:25 hinunter.

Wie im letzten Jahr auch, fing einige Tage vor dem Lauf mein Hals an zu kribbeln. Ich begann toxi-loges, Vitamin C, und anderes zu schlucken. Ich spürte schnell, daß hier ein Infekt im Anmarsch war. Zumal ich auch einen leichten Hustenreiz und eine laufende Nase bekam. Aber: es hielt sich in Grenzen. Einen Tag vor dem Lauf trabte ich rund 3 km und meine Herzfrequenz war ok. Ich werde starten!

Am Abend vorher tat ich mich mit dem Essen schwer. Zwar hatte ich mir Pizza und Nudeln beim Italiener geholt, doch war mir zuhause der Appetit vergangen. Morgens, ich stand um 6:00 Uhr auf, konnte ich nichts essen. Mich würgte es schon beim Zähneputzen. Die Nervosität schlug voll auf meinen Magen durch. Ich bekam nichts runter. Mein Puls lag schon bei rund 90 Schlägen.

Etwa eine Stunde vor dem Start waren wir in Arnoldshain. Ich sog die Atmosphäre am Startgelände auf. Dadurch ging es mir schlagartig besser und ich verdrückte doch noch eine halbe Honigsemmel (mir knurrte mittlerweile schon der Magen). Das Herumlaufen wirkte beruhigend und stimulierend zugleich. Plötzlich war auch die Unsicherheit bezüglich der Laufschuhe weg. Ich hatte mir letztes Jahr beim München-Marathon einen Zeh blau gelaufen. Da es hier ja bergauf und bergab ging, befürchtete ich, daß mir das wieder passieren würde. Meine Wahl fiel, wie im Herbst, auf die Asics 1070. Bei der Hose entschied ich mich für ein halblanges, dünnes Exemplar. Obenrum trug ich ein dünnes T-Shirt und darüber ein Leibchen. Ich hatte etwas Muffe vor dem kalten Wind.

Das Wetter sah ganz gut aus. Bewölkt und rund 10 - 12 C Grad. Starker Regen war nicht zu erwarten. Ich lief mich ein paar Meter warm und dehnte mich ein wenig. Am Start ging es ausgesprochen locker und fröhlich zu. Es herrschte eine ausgesprochen entspannte Atmosphäre.

Der Lauf

Nach dem gewaltigen Startschuß ging es gemütlich ein Stück die Straße bergab und das Läuferfeld entzerrte sich recht schnell. Meine Planung sah vor, es einfach gemütlich angehen zu lassen und, wenn möglich, unter 6:00 Min/km zu bleiben. Es war eine neue Erfahrung für mich, einmal ohne feste Zielzeit in ein Rennen zugehen. Bei 4 km kam die erste Pinkelpause. Bis Lockerer Start, freundliches Publikumdahin lief ich zwischen 5:56 und 5:35 min/km. Die Wege hatten unterschiedliche Beläge: Teilweise Asphalt, aber auch Beton, Schotter, festgetretene Erde, u.ä. Die Läufer mußten schon gut aufpassen.Schnell ist man hier umgeknickt. Mental bereitete mir der Untergrund weniger Sorge, als ich befürchtet hatte. Ich kam meistens gut damit klar. Nach den ersten km wurde das Gelände etwas welliger und ich lief kannp über 6:00 min/km. Hier kam auch die knackigste Steigung des gesamten Rennverlaufs: 75 Höhenmeter auf etwa 1,2 km. Diese Steigung war glücklicherweise auf asphaltierter Straße zurückzulegen. Hier machte ich mir keinen Streß. Kleine Schritte und ein gleichmäßiges Tempo. Es klappte gut und viel Zeit hat es mich auch nicht gekostet. Für diesen schwierigen Kilometer brauchte ich 6:43 min. Bergab ließ ich mich nicht zum Tempomachen verführen. Viele Läufer schossen jedoch an mir vorbei. Für die ersten 10 km benötigte ich respektable 58:50 und war damit doch erheblich schneller, als ich mir selbst zugetraut hatte.

Die Landschaft war wunderbar. Der Frühling war mit voller Wucht ausgebrochen, und wer nicht gerade unter einer Pollenallergie litt, wurde von den blühenden Wiesen und grünen Wäldern verzaubert. Das Tempo lud auch einfach zum Schauen ein. In den Ortschaften wurden wir von erstaunlich vielen fröhlichen Menschen begrüßt und sie unterstützten uns phantastisch. Einziges Ärgernis für die Läufer war das Angebot an den Verpflegungsständen. Es gab kein Wasser, obwohl es so ausgeschrieben war. Zum Glück hatte ich meinen Laufgürtel mit 4 Handgranaten um. Drinnen hatte ich einen Mix aus Ultra-Buffer und Maxim. Allerdings hatte ich diesmal eine etwas dünnere Mischung gewählt als im Herbst (Marathoni lernt eben nie aus...).Einer der vielen Anstiege

Obwohl ich im hinteren Drittel gestartet bin, wurde ich auf den ersten Kilometern häufig überholt. Oft gab es auch ein Wechselspiel bergauf und bergab. Hochzu überholte ich und runter war ich langsamer als meine Mitläufer. Mit meinen Zwischenzeiten war ich rundum zufrieden. Es schien sogar, daß ich, falls ich durchhalten sollte, mit einer Zeit um 4:10 Std. rechnen könnte. Zwischen km 10 und 20 spürte ich langsam, daß meine Wadenmuskulatur mit der Belastung nicht ganz einverstanden war. Für mich wurde der Wechsel von bergan auf bergab zunehmend schmerzhaft. Außerdem begann ich meinen rechten Oberschenkel zu spüren. Das war mir bislang völlig fremd. Hoffentlich wurde das nicht schlimmer. Ab km 15 wurde mir klar, daß (Überraschung !!!) es heute hart werden würde. Es ging mir gut, aber die Muskulatur meldete sich früher als ich es sonst gewohnt war. Als meine Helfer am Straßenrand auftauchten um mir einen frisch gefüllten Laufgürtel, ein Gel und eine Trinkflasche (Inhalt siehe oben) zu reichen und Fotos zu schießen, sprühte ich allerdings vor Optimismus.

Jetzt kam die Zeit, die ich besonders genieße. Mir ging es noch gut und allmählich hole ich diejenigen wieder ein, die den Lauf zu schnell angegangen sind. Das hob meine sowieso schon gute Stimmung nochmals und ich begann, mit den Zuschauern zu scherzen (“Könnt Ihr noch?”). Zwischen km 11 und 20 lagen meine Zeiten zwischen 5:22 und 6:06 min/km. Letztere bedingt durch eine weitere Pinkelpause. Meine Durchgangszeit bei km 20 betrug 1:56:49. Darüber war ich sehr happy. Sollte ich wirklich unter 4:10 laufen können?

Ich fing an, die größer werdende Zahl von langsameren Läufern aufzumuntern. Schon bei km 18 sah ich den ersten gehen. Es sollten noch erheblich mehr werden. Einigen sah man an, daß sie das Ziel nicht erreichen würden. Sie hatten sich überschätzt und sind den Lauf erheblich zu schnell angegangen. Für den Halbmarathon benötigte ich 2:02:21. Irgendwo bei km 25 tauschte ich 2 leere gegen 2 volle Handgranaten aus und nahm eine weitere Trinkflasche in Empfang. Diese enthielt nun Champ Energiedepot (Banane). Kurz danach genehmigte ich mir noch 2 Stück Banane vom Verpflegungsstand. Weiter ging’s bei perfektem Laufwetter dem Ziel entgegen.Spaß mit den Zuschauern

Die ständigen Überholvorgänge sorgten für Kurzweil. Ich hatte ständig zu tun und ich fühlte mich ganz offensichtlich besser als viele der Teilnehmer/innen. Die Kilometerzeiten zwischen 20 und 30 waren mit 5:31 bis 5:50 sehr konstant und ich fühlte den Ehrgeiz in mir hochsteigen. Sollte ich sogar in die Nähe von 4:05 Std. kommen können? Es sah bisher zumindest danach aus. Km 30 passierte ich schließlich mit 2:53:54 und ich war sehr zufrieden, auch wenn ich mir eingestehen mußte, daß mir mittlerweile die Füße und die Waden gehörig zusetzten.

Aber der Marathon wird bekanntlich im Kopf entschieden! Bisher hatte ich alles richtig gemacht: Zurückhaltend gelaufen, von Anfang an viel getrunken, positiv gedacht. Das wechselhafte, aber immer noch angenehme Wetter habe ich zu jeder Zeit genossen. Auf den letzten 10 km hielten sich die Anstiege in Grenzen. Das hatte den Nachteil, daß die Strecke gut einsehbar war und man sehen konnte, wie viel noch vor einem lag. Die Abwechslung ließ einfach nach. Aber ich ließ nicht nach. Bis km 36 lief ich 5:38 bis 5:56 und die Traumzeit 4:05 verfestigte sich in meinem Hirn. Das wollte ich jetzt auf jeden Fall erreichen! Außerdem war ich auch ziemlich sicher, einen Platz unter den ersten 700 zu erreichen. Auf den letzten 10 km hatte ich rund 100 Läufer überholt und ich mußte selbst nur 3 passieren lassen.

Jetzt war meine Zeit gekommen. Ich stellte meine Höflichkeit gegenüber Mitläufern und Zuschauern ein und beschäftigte mich nur noch mit mir selbst. Wie schnell kann ich jetzt Laufen, ohne kurz vor dem Ziel einzubrechen? Ich gab, ungeachtet der Schmerzen, die nun aus Füßen und Waden krochen, einfach Gas. Diese Erfahrung hatte ich vor einigen Monaten gemacht. Gerade wenn ich am zweifeln bin, einfach schneller Laufen! Was hindert mich WIRKLICH daran? Der Kopf oder der Körper? Km 37 hatte ich nach 5:38 absolviert. Es ging also! Weiter in Richtung Ziel. Ich rannte meinem Limit entgegen und profitierte jetzt auch von den Erfahrungen vieler (natürlich kürzerer) Läufe: Das eigene Leistungsvermögen optimal einschätzen. Für Km 38 stoppte ich 5:44. Perfekt! Die 4:05 schienen mir jetzt sicher. Eventuell war sogar noch mehr drin. Ich sammelte Läufer reihenweise ein. Für Km 39 benötigte ich 5:42. Einsame Klasse!Kurz nach dem Zieleinlauf

Seit dem ich zum Schlußspurt angesetzt hatte, murmelte ich “nur noch 6 verdammte Kilometer” vor mir her. Jeden zurückgelegten Meter feierte ich als Sieg und kam dem “verdammten Ziel” näher. Damit puschte ich mich richtig hoch! Bei Km 40 starrte ich etwas ungläubig auf die Uhr: 4:15 Min! Das war unmöglich. Hier stimmte die Kilometermarkierung nicht. Egal! Weiter ging’s. Ich war kurz vor Weilburg und es ging auf die Landstraße, die halbseitig gesperrt war. Von hinten kam ein Pärchen und ließ mich locker stehen. Störte mich aber nicht, da ich wie im Rausch lief.

Bei Km 41 (nur noch “ein verdammter Kilometer bis in’s verdammte Ziel”) nahm ich die Zeit von 5:05 nur kurz zur Kenntnis und stellte mich darauf ein, daß der letzte (“verdammte”) Kilometer erheblich länger sein würde als die letzten. Es ging durch menschenleere Straßen. Plötzlich hörte ich Tröten und den Geräuschpegel einer großen Menschenmenge. Das Ziel konnte nicht mehr weit sein. Und da war es auch schon! Ein wunderschöner Spalier von begeisternden Zuschauern leitete mich die letzten Meter (auf denen mich noch ein junger Spund (M20) überholte). Ungläubig starrte ich auf die Anzeige über dem Ziel: 3:58:29! Das konnte nicht sein!

DanachEs geht schon wieder...

Ich war im Ziel erschöpft und überglücklich! Mir ging es besser als bei der Premiere letztes Jahr. Erstaunlich! Das der Marathon wohl eher 800 Meter zu kurz ist, hat mich eigentlich nicht gestört. Leider hatten meine Begleiter mit meinem Zieleinlauf nicht so schnell gerechnet, so daß es kein Zielfoto gibt. Ich holte mir meine (sehr schöne!) Medallie ab und mußte ein wenig umhergehen. Mein Bruder war so lieb und öffnete mir die Schnürsenkel, da meine Füße Freiheit brauchten. Ich war völlig glücklich mit meiner Leistung und auch sehr stolz auf mich. Zu dieser Leistung hat auch mein Begleitteam erheblich beigetragen. Es war zuverlässig und ich bekam die Verpflegung, die ich brauchte. Danke dafür!

Nach etwa 20 Minuten hatte sich mein Körper wieder einigermaßen beruhigt. Wir gingen noch ein wenig umher. Dabei entdeckte ich den Anschlag mit der vorläufigen Ergebnisliste. Ich stand allerdings noch nicht darauf. Aber: das letzte Ergebnisblatt endete bei Platz 385 mit einer Zeit von 3:55:43. Das bedeutet: ich war erheblich besser als der angestrebte Platz 700! Ich wartete noch ein paar Minuten und dann hatte ich Gewißheit: Platz 415 !!! Ich drehte ein paar Jubelrunden auf dem Festplatz. Das war Phantastisch!!!Platz 415 !!!

Fazit

Die Veranstalter haben bei dieser Premiere wenig falsch gemacht. Die Strecke ist wirklich toll und es ein sehr schöner Landschaftslauf. Für den Preis von 20.- € gibt es: Bustransfer vom Ziel zum Start, Kleidertransport vom Start zum Ziel, Transport der Eigenverpflegung, Urkunde, Medallie, Finisher-Funktionsshirt (!), Pastaparty, etc. Das ist ein sehr gutes Preis/Leistungsverhältnis! Unterwegs waren unzählige Helfer. Sogar Radfahrer, die den Läufern entgegenfuhren und sich nach deren Befinden erkundigten! Viele Streckenposten sorgten zuverlässig dafür, daß kein Teilnehmer vom rechten Weg abkam. Der Weiltalweg-Marathon hat das Zeug zu einem populären Lauf. Allerdings wird die Strecke sicherlich nicht mehr als 2.000 Teilnehmer vertragen.

Ich kann den Lauf wirklich jedem enpfehlen, der schon einmal einen Marathon gefinisht hat. Für Neulinge ohne entsprechende Erfahrung dürfte er wenig geeignet sein, da z.B. die Zuschauermassen eines Stadtmarathons fehlen, die einen auf den Kilometern, die wirklich weh tun, in’s Ziel tragen. Die Aussteigerquote von fast 20 % scheint das zu belegen.

Für das nächste Mal bin ich zuversichtlich, daß die Distanz passt und die Panne mit dem fehlenden Wasser nicht mehr vorkommt.

Hier sind übrigens noch zwei interessante Berichte von anderen Teilnehmern:

http://www.mannheim-marathon-mann.de/extra/extra.htm

http://www.laufreport.de/archiv/0403/weiltal/weiltal.htm